Menschenbild


Von einem anthroposophischen Menschenbild Rudolf Steiners ausgehend, werden von ihm vier Wesensglieder benannt, die das Wesen des Menschen als ein lebendiges System miteinander und mit dem Umfeld und mit den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde verbunden sieht.

Es sind der physische Leib, Ätherleib, Astralleib und die Ich-Organisation. Das christlich-biblische Menschenbild unterscheidet  hier Körper, Seele und Geist im neuen Testament: "Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; Geist (Pneuma), Seele (Psyche) und Leib (Soma) mögen euch unversehrt und untadelig erhalten bleiben bis zur Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. (1. Tessalonicher 5,23). 

 

Der physische Leib ist der sichtbare Körper, den man messen und chemisch-analytisch quantifizieren kann. Mit seinen Mineralien, Eiweißen, Kohlenhydraten, Fetten, Blut- und Lymphflüssigkeiten, Enzymen und Gewebefasern gehört er der Erde an. Die Lebendigkeit des Leibes entsteht, wenn die Lebenskraft den physischen Leib durchdringt und ihn zusammenhält. Nach dem  Tod zerfällt die menschliche Gestalt durch den Verlust des Lebendigen. Durch die wägbaren physischen Substanzen gehört er als Wesen der Erde an und es ist das Feste, das dem Mineralreich zugeordnet wird. 

 

Der Ätherleib belebt den physischen Leib. Er ist unsichtbar für das physische Auge. Seine Wirkung wird sichtbar in allen Lebensfunktionen wie Atmung, Wärme, Ernährung, Ausscheidungen, Regeneration, Wachstum und Fortpflanzung. Er steuert mit seiner Wirkkraft die Lebensäußerungen und hält die Lebensfunktionen aufrecht. Es wird beschrieben, dass er aus Licht besteht und sein Ursprungsort in der Sonne liegt. Durch Gedankentätigkeit und verschiedene Aktivitäten kann dieser Ätherleib belebt und aufgebaut werden. So wie durch ihn im Menschen die Lebensfunktionen gegeben ist, wirkt der Ätherleib sich bei der Pflanze in ihrem Wachstum aus. Diese stoffwechselaktiven, dynamischen Tätigkeiten finden eine Zuordnung zu dem wässrigen Element. 

 

Mit dem Astralleib ist man auf astraler Ebene mit dem Makrokosmos, den Sternen und Planeten und dessen Wirkungen verbunden. Mit ihm findet das Bewusstsein mit dem Denken, den Empfindungen und dem Willen seinen Ausdruck und er wird als Architekt, als Werkmeister des menschlichen Wesens bezeichnet. Er steht mit der Antipathie und Sympathie zusammen, dem polaren Gefühlsleben im Inneren des Menschen wie Schmerz, Freude und Leid, Ekel und Widerwillen und mit allen Triebkräften. Dies macht den Menschen zum empfindsamen Wesen. Durch jenes was im Äußeren auf ihn einwirkt und geschieht, führt es ihn zu seiner persönlichen selektiven Wahrnehmung und er gestaltet  so die Seelenorganisation nach eigenen Gesetzmäßigkeiten. Der Mensch nimmt die Welt um sich herum empfindsam wahr und reagiert mit Empfindungen, so wie auch Tiere auf ihr Umfeld, beispielsweise mit Angst, reagieren. 

Auch dem Astralleib ist ein Lichtleib zugeordnet, der von Innen heraus dann wirkt, wenn durch Ideen und Kreationen heraus Prozesse ausgelöst werden, die Wesen erzeugen, die  ihrerseits unsichtbar lichtvoll auf die Empfindung wirken. Man kann den Begriff Seele mit dem Astralleib verbinden. Der Begriff Seele findet sich bereits im antiken Platonismus, wo von einem "Seelenfahrzeug", wie auch von einem "Gewand" oder "Hülle" die Rede ist. Die Vorstellung von Hüllen bestehen auch im Hinduismus.  "Sternartig" tauchte die Bezeichnung des Seelenfahrzeugs beim spätantiken Neuplatoniker Prokolos auf und in der Renaissance wird das Seelenfahrzeug als "siderischer Leib", als Sternenleib bezeichnet. So ist der Begriff Astralleib entstanden, dem das Element Luft zugeordnet ist. 

 

Der menschliche Geist mit dem Ich, seiner Ich-Organisation, dem Geistleib, ist das höchste Wesensglied des Menschen. Durch sein Selbstbewusstsein hat der Mensch die Möglichkeit zur freien Selbstbestimmung, der Reflexion und des Lernens. Im Gegensatz zum Tier hat der Mensch die Möglichkeit seine trieb- und instinktgebundene Veranlagung zu übersteigen, zum Bestimmer seines Lebens zu werden. Mit dem Ich hat der Mensch die Möglichkeit, Erkenntnisse außerhalb der sichtbaren Welt zu erlangen, die Welt zu erkennen, den Sinn des Lebens zu verstehen und sein Leben schöpferisch zu gestalten. Diese Ich-Kraft besitzt die Fähigkeit das Leben und das Schicksal zu führen. Es geht über die anderen Wesensglieder hinaus und prägt somit den physischen Leib, sowie den Äther- und den Astralleib und formt den individuellen Menschen. Er wird deshalb auch als Hausherr im Körper bezeichnet und steht mit dem Element Feuer zusammen. 

"Das Ich, der Astralleib und der Ätherleib, welche die seelische und geistige Wesensnatur des Menschen beschreiben und repräsentieren, lassen sich deshalb nicht auf definierte Worte festlegen und auch nicht auf profane Weise fixieren, sondern sie entwickeln sich in ihrer zunehmenden und wahrer werdenden Realität durch die tätige Auseinandersetzung des Bewusstseins." 

                                                                                                                                                                                                                                                                                  Quelle: Heinz Grill, Übungen für die Seele, S., 41 und ab S., 32 

 

 

 

Quellenangaben: 

Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten, GA 10

Heinz Grill: Übungen für die Seele